Dienstag, 01. Juli

Veröffentlichung von ca vom 13.07.2007 in der Rubrik Schmerz.

 

Zum Glück ungelöste Rätsel

In der Wiese

Fand er

Eine Kiste

Er hätte sie

Auch gerne

Im Wald gefunden

 

In der Kiste

Befanden sich

 

Bambusblätter

Eine Steckdose

Haare von Kindern polnischer Bauern

Eine Zigarettenspitze

Eine braune Zahnbürste

Glühbirnen mit erstaunlicher Wattzahl

Ein Jojo

Silberpolitur

Acht Käfer

Ein Buch in Blindenschrift

Eine nicht zu Ende gestrickte Socke und

Ein angebissenes Brötchen mit Lippenstiftspuren

 

Am 17.07.2007

Warf er die Kiste

In die graue Tonne

Vor einem

Ihm unbekannten Haus

 
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Kommentare zum Text "Zum Glück ungelöste Rätsel":

SV
schreibt am
14.07.2007 (07:46 Uhr)

Ich sag mal das erste was mir dazu in den Sinn kam:
"pseudo-intellektuell"
Das hört sich jetzt vielleicht etwas extrem an ist aber relativ wertfrei gemeint, war einfach meine erste assoziation.


 
dp
schreibt am
16.07.2007 (00:46 Uhr)

Tatsächlich? Meine erste Reaktion war ein breites Grinsen. Gern lese ich den Text dabei nocheinmal und bleibe dabei. Zum Glück ungelöst! Finde ich sehr schön.


 
bp
schreibt am
16.07.2007 (13:03 Uhr)
Meine Reaktion ist nicht belustigt,

die Bilder des Fundes wirken auf mich wie ein Griff in die Vergangenheit und werfen Fragen auf. Warum Haare von Kindern polnischer Bauern? Und dann wirft der Finder die Geschichte in den Müll, so lese ich es. Das ist, interpretatorisch, die Unfähigkeit, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen oder sie auch nur zu bedenken. Und hier kommt das "zum Glück" ins Spiel. Zum Glück muss er nicht darüber nachdenken, zum Glück vielleicht nicht wissen, was geschehen ist. Natürlich ein fragwürdiges Glück. Ein unwissendes Glück. Ein auch naives Glück. Ein von der Geschichte abgeschnittenes Glück. -


 
dk
schreibt am
17.07.2007 (03:09 Uhr)

auch auf mich wirkt ein schmerzhafter rückblick. gefunden wurde die 'geschichte' gern, weggeworfen in fremde restmülltonnen, zeigen bewusstsein aber vielleicht ignoranz, vielleicht die angst, vielleicht den schmerz, vielleicht vergessen wollen, ich weiß es nicht. 62 jahre kriegsende, heute, stunde null, neubeginn. ein guter text. danke.


 
Waldkater
schreibt am
12.09.2007 (12:29 Uhr)
Nori

Ich kenne die graue Tonne. Dort gibt es auch Schlümpfe.

Aber genug der Kopfnüsse. Dennoch möchte ich mir anmaßen zu behaupten, dass der Titel falsch gewählt ist. Denn meiner Meinung nach ist es gerade sein größtest Unglück, dass die Rätsel Rätsel bleiben. Ich denke, dass dies der Grund ist, warum er die Kiste überhaupt zu Grabe trägt, bzw. zu Grabe getragen hat. Deshalb scheue ich davor zurück, ihm Ignoranz vorwerfen. Im Gegenteil: mutmaßlich wurde seiner Bitte nach Auflösung nicht entsprochen. Vielleicht, weil er diese Bitte nur mit vor Angst zitternder Stimme hervorbringen konnte.

Seitenwechsel: das Glück kann auch nicht auf Seite des lyrischen Ichs liegen, welches wohl als die einzige Instanz betrachtet werden kann, welche Licht ins Dunkel bringen könnte... Doch auch hier herrscht die Angst vor - die Angst vor der Folge einer Auflösung: Auflösung.

Doch gerade deswegen folgt das, was befürchtet wurde: Angst und Schmerz werden wieder in die Kiste gepackt und irgendwo in Neuseeland oder Schlumpfhausen in den Wellen versenkt, bzw. in die Tonne gekloppt. Jetzt liegt sie da, irgendwo auf dem Grund des Meeres, in der Erwartung vergessen zu werden. Aber wird es so kommen? Wohlkaum. Da kann man säckeweise zusätzliches Salz ins Meer schütten - die Kiste rostet nicht (denn sie besteht aus Nori) und steht für immer als eine von Seeigeln behauste Barriere zwischen dem lyrischen ich und ihm.

Gibt es Hoffnung auf irgendwas? Nur wenn sich zwei Lungen mit Luft füllen, zwei Körper in die Tiefe tauchen, Trommelfelle platzen und die Kiste wieder an Land gezogen und geöffnet wird. Vielleicht wäre dann statt Angst und Schmerz in der Kiste endlich Bass in der Box... nein, Ruhe im Karton, oder wie war das?

Wie auch immer... Ich geh jetzt tauchen.


 

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