Freitag, 04. Juli

Veröffentlichung von K vom 15.10.2003 in der Rubrik Leben.

 

Der Balkon

Novembermorgen.
Ein Balkon, wie man ihn bei Neubauten findet, mit einer Trennung, so daß sich die zwei benachbarten Mietpar-teien nicht sehen können.

Auf der linken Seite öffnet sich die Balkontür. Eine junge Frau, in schwarzer Unterwäsche und zerzaustem Haar, betritt den Balkon, lehnt sich an die Wand und zündet sich frierend eine Zigarette an. Was man in jenem Augenblick nicht sieht: ein Streit, mit ihrem noch im Zimmer befindlichen Liebhaber, ist diesem, fast heiligen Moment, vorausgegangen.
Während die junge Frau nachdenklich raucht, öffnet sich die Balkontür der benachbarten Wohnung. Eine ältere Frau kommt heraus und beginnt in ihrer alltäglichen Pose die Wäsche aufzuhängen.

Von der Straße her, plötzlich, unerhört laute Bremsgeräusche. Geschrei. Streit. Ein Kampf.

Die beiden Frauen, die eine mehr, die andere weniger interessiert, schauen über die Brüstung des gemeinsamen Balkons.

Ein älterer Mann schreit, ohne ersichtlichen Grund, auf einen jüngeren Mann ein. Es beginnt ein Handgemenge, bei dem nun der jüngere Mann eher defensiv, der ältere offen-siv agiert. Die Schläge des älteren Mannes kann der Jüngere gerade noch abwehren. Seiner Einstellung zufolge verbietet es sich, zurückzuschlagen. Da die rasende Geschwindigkeit der einzelnen und harten Schläge des älteren Mannes, es jedoch nicht zulässt, seine Einstellung, mal in diesem, mal in jenem Moment, ständig neu zu überprüfen, kann man den jüngeren Mann in dieser Situation als durchaus hilflos bezeichnen. Bei einem Befreiungsversuch aus dem Schwitzkasten des älteren Mannes geschieht es, daß der Jüngere, dem Älteren einen ordentlichen Kinnhaken verpasst. Die Situation beginnt sich zu kehren. Der jüngere der beiden entdeckt sein Kraftpotential. Ein nie dagewesenes Gefühl von Macht durch-flutet und beflügelt ihn. Eine Macht, welche von da an außer Kontrolle zu geraten scheint.
Der jüngere Mann, er kann sich nicht mehr beherrschen und verprügelt den vermeintlichen Aggressor, mit einer solchen Hingabe, daß dieser regungs-los am Boden liegen bleibt.
Während er nun vom Leblosen ablässt, lässt er, im Weitergehen, Fahräder umwerfend, Passanten anrempelnd und Autoscheiben einschlagend, weiteren Dampf ab. Seine Einstellung zu Gewalt hat sich an diesem Novembermorgen schlagartig geändert.

Jetzt erst bildet sich eine Traube von Menschen um den, am Boden liegenden Mann.

Zurück zum Balkon.

Während die ältere, vorher Wäsche aufhängende Frau noch immer neugierig über die Brüstung, dem Geschehen auf der Straße folgend, starrt, um kurz danach ihrer alltäglichen Verrichtung weiter nachzugehen, ist die junge, eben noch rauchende Frau wieder in ihrer Wohnung verschwunden.

Die Balkontür ist geschlossen.

 
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Juengere Aelteren Balkon Waehrend  Mannes Aeltere
 

Kommentare zum Text "Der Balkon":

f1
schreibt am
15.10.2003 (13:30 Uhr)

naja ... du hättest nicht mehr zum balkon zurück kommen müssen, und den satz solltest du überdenken:Da es jedoch die die rasende Geschwindigkeit des Aufeinander-folgens der einzelnen und harten Schläge des älteren Mannes nicht nicht zulassen, seine Einstellung ständig, mal in diesem, mal in jenem Moment, neu zu überprüfen, kann man den jüngeren Mann in dieser Situation als durchaus hilflos bezeichnen


 
K
schreibt am
15.10.2003 (14:45 Uhr)

danke für den hinweis. habe die satzstellung geändert, der satz bleibt!


 
lukychrissy
schreibt am
16.10.2003 (17:38 Uhr)

gute geschichte.ich finde(im gegensatz zu f1) dass du eine weitere geschichte über die frauen auf dem balkon schreiben kannst.ODER du änderst den schluss. sonst sehr gelungen.nur: was ist der sinn?also die bedeutung oder ist das nur eine geschichte zum lesen ohne nachdenken...?!


 
K
schreibt am
19.10.2003 (02:15 Uhr)

dann frag ich zurück, warum du die geschichte gut findest. vielleicht liegt darin ja die antwort auf die frage nach dem sinn.


 
aO
schreibt am
19.10.2003 (12:48 Uhr)

Ein interessanter Text, aber manchmal wirken die Formulierungen ziemlich unnatürlich und steif, aber vielleicht soll das ja auch so sein...


 
su
schreibt am
02.11.2006 (18:28 Uhr)

leider sind zu viele beide frauen.


 
LK
schreibt am
25.12.2006 (17:13 Uhr)
rahmenhandlung

das fachliche zauberwort heißt rahmen handlung, diese handlung muss nichts mit der eigentlichen handlung zutun haben, doch aber einen bezug herstellen
und damit das ganze auch einen rahmen bildet, braucht man den abschließenden bezug wieder.

ein literarisches beispiel:


Die Lorelei
Ich weiss nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl, und es dunkelt,
Und ruhig fliesst der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldenes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schat nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Welllen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lorelei getan.

Heinrich Heine

kennen wir alle
die erste und die letzte strophe bilden den rahmen. erst nur knappe erinnerung, anschließend näheres beschreiben der handlung und anschließend wieder knappes zusammenfassen. als blickte man kurz in ein buch, oder auf ein bild.


das nur zur erläuterung.

der satzbau ist manhcmal etwas holperig. ansonsten eine interessante geschichte. wahrheit? fiktion? das könnten wir analysieren. oder uns gedanken über diese psychose machen.

Luc


 

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